30.12.2013
Wissenschaftliche Veröffentlichung:
Falsche Daten und falsche Annahmen zu Drogen-
todesfällen in Deutschland
Vor zwei Tagen wurde die genannte Untersuchung im wissenschaft- lichen Journal Akzeptanzorientierte Drogenarbeit
publiziert (Web- site INDRO e.V.,
PDF/767 KB,
Stand: 2013-12-30). Hierbei handelt es sich um eine Replik zur Studie „Drogennot- und -todesfälle” von
Heckmann et al. (1993).
Der Beitrag basiert auf dem auf dieser Website im August 2013 veröffentlichten Aufsatz „Unzureichende
Untersuchung der Hambur- ger Drogentodesfälle” (siehe
Literatur). Dieser Aufsatz wurde
deut- lich überarbeitet und um wesentliche Aspekte ergänzt, u. a. um Kapitel 15 „Verantwortung der Politik”.
Inhalt der aktuellen Untersuchung: Im Rahmen ihrer Berichterstat- tung zur Drogenkriminalität und Drogenmortalität
wenden Kriminal- ämter verschiedene Verfahren an, um die tödliche Wirkung der Drogenprohibition systematisch zu
verschleiern. Heckmann et al. übernehmen die falschen Daten und Darstellungen, ohne sie kritisch zu hinterfragen,
und verleihen ihnen somit fälschlicherwei- se das Gütesiegel: wissenschaftlich geprüft.
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Nachfolgendes Abstract, das die Kernaussagen zusammengefasst, ist der Untersuchung vorangestellt:
Nach dem Anstieg der Drogentodeszahlen auf das 6,6-Fache in Deutschland von 1985 bis 1991 thematisieren
Heckmann et al. in ihrer Studie „Drogennot- und -todesfälle” von 1993 diese
Entwick- lung. Beispielhaft dazu berechnen sie in einer Tabelle jährliche Mortalitätsraten für Hamburg
und bagatellisieren auf dieser Basis die dramatische Erhöhung der Letalität. Sie hatten jedoch weder
die Hamburger Kriminalstatistik noch die „Rauschgiftjahresberich- te” des BKA analysiert
und somit nicht erkannt, dass fast alle Daten ihrer Tabelle falsch sind. Ohne diesen Zusammenhang mit
wissenschaftlichen Methoden zu untersuchen, legen sich Heck- mann et al. auf steigende
KonsumentInnenzahlen als wesentliche Ursache für die erhöhten Sterberaten fest, obwohl schon damals
eindeutige Hinweise dagegen sprachen. Fälschlicherweise diag- nostizieren sie nicht, dass eine forcierte
Strafverfolgung des Drogenkonsums – als Reaktion auf die in den 1980er-Jahren sich ausbreitende
HIV- Epidemie – den Anstieg der Drogentodeszahlen verursacht hat.
30.09.2013
Schreiben an die Nomos Verlagsgesellschaft:
Tödliche Wirkung der Drogenprohibition und die Wissenschaft
Unlängst wurde auf dieser Website eine Replik zur Studie „Drogen- not- und -todesfälle” von Heckmann et al.
(1993) publiziert (siehe Literatur,
siehe auch
News vom 09.08.,
23.08. und
29.08.2013).
Die fragliche Studie ist von der Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden veröffentlicht worden. Vor einigen
Tagen wurde der Verlag gebeten, zu den aufgezeigten Mängeln dieser Studie Stellung zu beziehen.
Bei dieser Gelegenheit wurden grundsätzliche Fragen zur Möglich- keit einer unabhängigen Begutachtung
wissenschaftlicher Arbei- ten, zur Perspektive der Betroffenen und zum Stellenwert der Wahrheit in den
Wissenschaften aufgeworfen.
Da diese Fragenkomplexe von allgemeinem Interesse sein dürften, ist ein Auszug des genannten Schreibens unter
Literatur zum Download bereitgestellt.
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Pressemitteilung:
Drogen-Studie mit tödlichen Folgen
Zum genannten Thema wurde eine Pressemitteilung herausgege- ben. Diese ist auch unter
Presseinfos abrufbar.
29.08.2013
Kurzfassung als PDF-Beitrag
abrufbar
In den News vom 23. August wurde der auf dieser Website ver- öffentlichte Aufsatz „Unzureichende Untersuchung
der Hamburger Drogentodesfälle” zusammengefasst. Diese Kurzfassung steht nun auch als PDF-Beitrag zur Verfügung
(siehe Literatur).
Der Aufsatz ist eine Replik zur Studie „Drogennot- und -todesfälle” von Heckmann et al. (1993).
Diese Studie gilt allg. anerkanntes Standardwerk, das die wissenschaftliche Diskussion und die
Dro- genpolitik der letzten Jahrzehnte entscheidend mitgeprägt hat.
In dem genannten Aufsatz wird jedoch nachgewiesen, dass wesentliche Aussagen dieser Studie auf falschen Daten
des LKA Hamburg und auf einer falschen Annahme zur Entwicklung der KonsumentInnenanzahl harter
Drogen basieren.
So haben Heckmann et al. fälschlicherweise nicht diagnostiziert, dass eine forcierte Strafverfolgung des
Drogenkonsums seit dem Jahr 1985 Tausende Drogentodesfälle verursacht hat. Dies hat Aus- wirkungen bis heute.
Weiterhin sterben in Deutschland regelmäßig Menschen infolge der Drogenprohibition.
Um dies in absehbarer Zeit beenden zu können, scheint es erfor- derlich zu sein, Presse und Fernsehen für
dieses Thema zu interes- sieren. Hier sind jeder Hinweis auf mögliche Ansprechpartner und jede Unterstützung
willkommen.
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Dass etablierte ProfessorInnen, die sich mit dem Konsum harter Drogen befassen, eine Aufklärung in dieser
Angelegenheit unter- stützen könnten, darf kaum zu hoffen gewagt werden. Schließlich käme
dies einer Bestätigung gleich, dass sie es versäumt haben, die fraglichen Zusammenhänge beizeiten
selbst zu untersuchen.
Offenbar gilt dies auch für ProfessorInnen, die sich für eine Been- digung der Drogenprohibition einsetzen.
Die in dem aktuellen Beitrag als Quelle angegebenen Unterlagen können Medienvertretern, Suchtexperten und
Aktivisten, die an einer Aufklärung aktiv mitwirken möchten, gegen einen geringen Unkostenbeitrag in Kopie
zur Verfügung gestellt werden. Anfragen an: info@dt-aufklärung.de.
23.08.2013
Kurzfassung des Beitrags:
Unzureichende Untersuchung der Hamburger Drogentodesfälle
Der genannte Beitrag wurde am 09. August auf dieser Website veröffentlicht (siehe
Literatur). Hierbei handelt es sich um
eine Replik zur Studie „Drogennot- und -todesfälle” von Heckmann et al. (1993).
Diese Studie wurde vom damaligen Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer in Auftrag gegeben, nachdem
in Deutschland die Drogentodeszahlen in den Jahren 1985 bis 1991 auf das 6,6-Fache angestiegen waren.
Acht Suchtexperten untersuchten daraufhin die Drogentodesfälle in Berlin, Bremen und Hamburg vom
01.07.1991– 30.06.1992 und die Drogennotfälle in Bremen und Hamburg vom 01.10.1991–30.06.1992.
Im Fol-
genden
ist die
Replik
zur frag-
lichen
Studie
zusam-
menge-
fasst,
ohne im
Einzel-
nen auf
Quellen
und
Belege
hinzu-
weisen.
In der
Langfas-
sung
sind
diese
leicht
aufzu-
finden.
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Im ersten Teil ihrer Studie versuchen Heckmann et al. den Anstieg der Drogentodeszahlen historisch einzuordnen
und präsentieren beispielhaft dazu die Tabelle 1–2 (d. h. Kap. 1, Tab. 2) mit Daten aus Hamburg von 1976 bis 1991.
In dieser Tabelle 1–2 sind Jahr für Jahr die polizeilich registrierten Konsumenten harter Drogen und
die Drogentoten aufgelistet. Auf Basis dieser Zahlen werden jeweils Mortalitätsraten berechnet. Eine solche
Rate gibt die Anzahl der Todesfälle pro 100 Konsu- menten harter Drogen (KhD) in einem Jahr an. Zur Entwicklung
der drei Fallgruppen von 1985 bis 1991 hier eine Aufstellung:
|
1985 |
1991 |
Zuwachs |
Polizeilich registrierte KhD |
1.489 |
4.781 |
+ 220 % |
Drogentote |
18 |
184 |
+ 922 % |
Mortalitätsrate |
0,6 % |
2,0 % |
+ 233 % |
Die Anzahl der Drogentodesfälle ist in nur sechs Jahren auf das 10-Fache angestiegen. Heckmann et al.
bagatellisieren diese Ent- wicklung, indem sie erklären, dass sich bis 1986 Mortalitätsraten von unter
1 Prozent und dann von 1 bis 2 Prozent errechnen ließen.
Eine Quellenangabe bezüglich der verwendeten Daten fehlt. Es wird nicht erklärt, wer die polizeilich
registrierten Konsumenten harter Drogen mit welchem Verfahren erfasst hat.
Heckmann et al. haben die nächstliegende Quelle zur Erforschung der Mortalitätsraten außer Acht gelassen,
denn in der Literaturliste ihrer Studie ist die Hamburger Kriminalstatistik gar nicht und auch
nur ein „Rauschgift Jahresbericht” des BKA angegeben. Möglicher- weise haben sie deshalb
den Hintergrund der in ihrer Tabelle 1–2 verwendeten Daten nicht erkannt.
Das Landeskriminalamtes Hamburg (LKA Hamburg) verschleiert in seiner Berichterstattung systematisch, dass
eine Kausalität zwi- schen Strafverfolgung und Drogenmortalität besteht. Die zu diesem Zweck eingesetzten
Verfahren haben auch zur Folge, dass fast alle Daten der Tabelle 1–2 falsch sind.
In Statistiken zu Drogentodesfällen werden Angaben zur Kategorie als Konsument harter Drogen erfasst
gemacht. Um die entspre- chenden Quoten zu senken, waren in Hamburg beispielsweise im Jahr 1990 nur 62,5
Prozent der Tatverdächtigen bei Drogendelikten mit Heroin als Konsumenten harter Drogen eingestuft
(in: Nord- rhein-Westfalen: 88 Prozent). – Bekanntermaßen stehen Drogento- desfälle vorwiegend in
Zusammenhang mit Heroin.
Infolge der geringen Einstufung der Tatverdächtigen als User wurden erhebliche Anteile der Drogentoten in
Hamburg fälschlicher- weise den scheinbar Polizeiunbekannten zugeordnet.
Heckmann et al. haben versäumt zu überprüfen und mitzuteilen, ob in Hamburg auch folgendes Verfahren zum
Einsatz gekommen ist:
Örtliche Polizeidienststellen könnten Datensätze zu Tatverdäch- tigen, die als Konsumenten harter Drogen
eingestuft worden sind, in eigenen Dateien gespeichert und nach festgelegten Fristen gelöscht haben. Durch
eine Senkung der Speicherfrist hätte man dann nach Belieben den Anteil der Verstorbenen reduzieren können,
die als Konsumenten harter Drogen erfasst gewesen sind.
Entsprechend verfährt man auf Bundesebene seit 1992. Seitdem gelten Drogentote nur dann als Konsumenten
harter Drogen erfasst, wenn die Betroffenen als solche zum Todeszeitpunkt in einem elektronischen
Informationssystem der Polizei (INPOL) registriert gewesen sind. Die dortige Speicherfrist beträgt zwei Jahre.
Nur auf diese Weise werden seit 1992 Quoten zur vermeintlichen Polizeiauffälligkeit der Drogentoten von
lediglich 40 Prozent erreicht. Eine Untersuchung von Kraus et al. der Drogentodesfälle von 1999 in Bayern
belegt jedoch, dass fast nur polizeibekannte DrogenkonsumentInnen sterben.
Infolge der zahlenmäßig geringen Einstufung der Tatverdächtigen als User wurden in Hamburg nur relativ
wenige Tatverdächtige als sog. Erstkonsumenten harter Drogen, also erstmals als Konsu- menten harter Drogen
registriert. Die entsprechenden Daten, die nur das LKA Hamburg erhoben haben kann, wurden in
Jahresbe- richten des BKA publiziert.
In der Hamburger Kriminalstatistik wurden dagegen in mehreren Jahren etwa doppelt so hohe
Erstkonsumentendaten veröffentlicht wie in den Berichten des BKA. Offenbar sollte in Relation zu diesen
überhöhten Daten der Anstieg der Drogentodeszahlen weniger auffällig erscheinen. Wie ein Datenvergleich
ergibt, können jedoch nur die BKA-Zahlen korrekt sein.
Die doppelte Erfassung der sog. Erstkonsumenten wurde von Heckmann et al. nicht thematisiert und eventuell
auch nicht bemerkt.
Durch einen Vergleich mit den Erstkonsumentendaten des BKA und des LKA Hamburg lässt sich nachweisen, dass
die Daten der polizeilich registrierten Konsumenten harter Drogen der Tabelle 1-2 bei Heckmann et al. nicht
auf offiziellen Einstufungen der Tatverdächtigen als User basieren können. Folglich können auf Basis dieser
falschen Daten auch keine korrekten Mortalitätsraten berechnet worden sein.
Andererseits hätten korrekt erhobene Daten belegt, dass fast nur polizeibekannte DrogenkonsumentInnen sterben.
Auf dieser Grund- lage wären die Mortalitätsraten bei den polizeibekannten im Ver- gleich zu den polizeiunbekannten
KonsumentInnen um ein Vielfa- ches höher ausgefallen und für Heckmann et al. hätte sich die Aufgabe gestellt,
die Ursache dieses Missverhältnisses zu erfor- schen.
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Heckmann et al. diagnostizieren gestiegene KonsumentInnenzah- len als wesentliche Ursache für den fraglichen
Anstieg der Drogen- todeszahlen. Doch dieses Ergebnis basiert nicht auf wissenschaft- lichen Untersuchungen,
sondern lediglich auf Vermutungen. Auch über andere mögliche Ursachen wird nur spekuliert.
Seinerzeit sprachen jedoch eindeutige Hinweise gegen steigende KonsumentInnenzahlen. So bedeutete die sich in den
1980er Jahren ausbreitende HIV-Epidemie eine zusätzliche Lebensgefähr- dung gerade in Zusammenhang mit
intravenösem Konsum, den vor allem HeroinkonsumentInnen praktizieren. Es hätte als abwegig erscheinen
müssen, eine Ausweitung des Heroinkonsums ausge- rechnet in dieser Zeit für möglich zu halten.
Ende der 1980er-Jahre stieg auf Bundesebene das Durchschnitts- alter der Drogentoten. Da der Drogenkonsum vorwiegend
in jungen Jahren begonnen wird, hätte jedoch ein massenhaftes Auftreten vor allem junger Konsumanfänger
dafür sorgen müssen, dass dieses Durchschnittsalter deutlich sinkt.
Von 1985 bis 1987 verdoppelte sich in Deutschland die Anzahl der Drogentoten, die zuvor als Konsumenten harter
Drogen erfasst worden sind, während die Zahl derjenigen abnahm, die nicht als solche erfasst worden sind. Da
Konsumanfänger zunächst polizei- unbekannt sind, hätten jedoch die Todesfälle zunächst
bei den nicht als User Erfassten zunehmen müssen.
In Hamburg nahm die Anzahl der Tatverdächtigen bei den allg. Verstößen nach § 29 BtMG mit
Heroin von 1985 bis 1991 – also in nur sechs Jahren – auf das 14-Fache zu (siehe Abb. 1). Ein derart
sprunghafter Anstieg kann nur Folge einer forcierten Strafverfol- gung gewesen sein. All diese Hinweise haben
Heckmann et al. ignoriert oder nicht einmal registriert.
Abb. 1:
|
Tatverdächtige bei allg. Verstößen nach §
29 BtMG mit Heroin in Hamburg, 1985–1991
|
Quelle: LKA Hamburg, 1986–1996, PKS Hamburg 1985–1995.
Ob eine forcierten Strafverfolgung für den massiven Anstieg der Fallzahlen bei den sog. Erstkonsumenten, den
polizeilich regist- rierten Konsumenten harter Drogen, den Drogentoten usw. verant- wortlich gewesen sein
könnte – diese Frage ist von Heckmann et al. von vornherein ausgeklammert worden.
Mittels statistischer Methoden wurde inzwischen nachgewiesen, dass die Anzahl der HeroinkonsumentInnen und damit
der Konsu- menten harter Drogen insgesamt von 1985 bis 1991 nicht nennens- wert zugenommen haben kann. Folglich
kann nur eine forcierte Strafverfolgung zum Anstieg der genannten Fallzahlen geführt haben.
Auch der Anstieg der Drogentodeszahlen kann nur auf diese Maßnahme zurückgeführt werden, denn es ist
kein anderer Umstand ermittelt worden, der hierfür ursächlich gewesen sein könnte.
Hätten Heckmann et al. die forcierte Strafverfolgung des Drogen- konsums als Ursache des Mortalitätsanstiegs
diagnostiziert, hätte diese Erkenntnis weder in der Suchtforschung noch in der Drogen- politik ignoriert werden
können. Eine Rücknahme dieser Maßnahme durch den Gesetzgeber wäre unausweichlich gewesen.
Stattdessen sind weiterhin Tausende Menschen gestorben.
Obwohl die Strafverfolgung des Drogenkonsums seit dem Jahr 2000 deutlich reduziert worden ist, ist diese noch
nicht wieder auf dem niedrigen Niveau von 1985 angelangt. Noch heute sterben in Deutschland regelmäßig Menschen
infolge der Drogenprohibition.
Die Studie „Drogennot- und -todesfälle” weist gerade in entschei- denden Aspekten derart gravierende Mängel auf,
dass sie nicht als wissenschaftlicher Beitrag hätte veröffentlicht werden dürfen.
09.08.2013
Neuer Beitrag:
Unzureichende Untersuchung der Hamburger Drogentodesfälle
Der genannte Beitrag wurde heute auf dieser Website veröffent- licht (siehe
Literatur). Es handelt sich um
eine Replik zur Studie „Drogennot- und -todesfälle” von Heckmann et al. aus dem Jahr 1993 (et al. = et alii =
und andere).
Der Inhalt des neuen Beitrags wird in kommenden News auf dieser Seite zusammengefasst.
06.06.2013
Beitrag im DROGENKURIER:
Einfluss der Substitutionsbehandlung auf die Mortalität der KonsumentInnen
Auf Grundlage der News vom 26.02.2013 wurde der genannte Beitrag verfasst und in der Mai-Ausgabe des
DROGENKURIER dieses Jahres veröffentlicht.
Die ursprüngliche Fassung wurde gründlich überarbeitet und um wesentliche Aspekte ergänzt.
Der DROGENKURIER ist das Magazin des JES-Bundesverbands e.V. (JES = Junkies, Ehemalige, Substituierte).
Die aktuelle Ausgabe steht online zur Verfügung (Website JES-Bundesverband e.V.,
PDF/2523 KB, Stand: 2013-07-12).
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10.05.2013
Pressekonferenz unter mysteriösen Umständen
Am 25. April 2013 gaben die Bundesdrogenbeauftragte und der Präsident des Bundeskriminalamtes
auf einer Bundespressekonfe- renz die letztjährige Drogentodeszahl bekannt. Danach sei die Zahl der Drogentoten
im Jahr 2012 auf 944 (Vorjahr: 986) gesunken. Der Rückgang beläuft sich auf 4,3 Prozent.
Auffälliger als die Drogentodeszahlen waren die Umstände dieser Pressekonferenz. In den vier vorherigen Jahren
sind diese Zahlen spätestens Ende März veröffentlicht worden (siehe
https://www. bka.de / Pressemitteilungen).
Im Einzelnen am:
26. März 2012,
24. März 2011,
25. März 2010 und
27. Februar 2009.
Warum wurde dann in diesem Jahr die Drogentodeszahl erst am 25. April veröffentlicht?
Auf der Homepage der Drogenbeauftragten hatte es zuvor keinen Hinweis auf die bevorstehende
Bundespressekonferenz gegeben. Warum nicht? Zu diesem Aspekt einigen Informationen:
Auf der Startseite dieser Homepage
(https://drogenbeauftragte.de)
werden verschiedene Themen per Bild und Text vorgestellt. Diese Hinweise sind mit Seiten verlinkt, auf denen
sich die eigentlichen Inhalte befinden.
Noch Anfang April wurde man durch einen derartigen Hinweis zur Seite Termine der Drogenbeauftragten
weitergeleitet. Dort war die Bundespressekonferenz zum Thema „Zahl der Drogentoten / Rauschgiftlage 2012”
jedoch nicht eingetragen. Auf dieser Seite wiederum befinden sich Links zu den Vergangenen Terminen
2013 / 2012 / 2011 (zur Bedeutung siehe unten).
Mitte April musste man auf der genannten Startseite einen Hinweis per Bild und Text auf den Terminkalender
der Drogenbeauftragten vergeblich suchen. Nur wenn man nicht gleich aufgab, konnte man schließlich doch
noch einen Link finden.
Zwischen den bebilderten Feldern befinden sich weitere unschein- bare Links, die ebenfalls zu Unterseiten
der Homepage führen. Ein solcher Link, der sich außerhalb des ersten Blickfeldes weiter unten befand,
führte nun zu den Terminen der Drogenbeauftragten.
Wiederum eine Woche später war auch dieser Link entfernt. Nun konnte man nur noch zu den aufgelisteten
Terminen gelangen, wenn man den am untersten Rand der Startseite befindlichen kleinen Hinweis
Inhaltsübersicht gefunden hatte.
Unter Vergangene Termine 2013 ist die fragliche Bundespresse- konferenz nach wie vor nicht eingetragen
(Stand 2013-05-10). Bei den vorherigen Jahrgängen sind die Pressekonferenzen zur Bekanntgabe der jeweiligen
Drogentodeszahlen jedoch aufgeführt.
Warum diese Geheimniskrämerei um den aktuellen Termin? Hatte man eventuell Sorge, dass dieser hätte genutzt
werden können, um beispielsweise die letzte DROGENKURIER-Ausgabe an die Medienvertreter zu verteilen
(Website JES-Bundesverband e.V.,
PDF/214 KB, Stand: 2013-05-10)?
Foto & Bearbeitung: © wispor.de |
|
Die geschilderten Umstände sind nicht geeignet, das Vertrauen in eine korrekte Berichterstattung
der Bundesregierung zu stärken.
Man könnte sich zu der Überlegung hinreißen lassen, ob es sinnvoll wäre, die mit dieser Thematik
betrauten Mitarbeiter in den Mini- sterien und Behörden daran zu erinnern, dass man unter Infor- mantenschutz
steht, wenn man die Medien über Unregelmäßig- keiten informiert.
Interpretation der Drogenbeauftragten
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans, erklärte auf der Pressekonferenz:
„Es ist erfreulich, dass immer weniger Menschen an den Folgen ihres Drogenkonsums sterben. Das zeigt, dass
unsere Beratungs- und Hilfsangebote sowie die zur Verfügung stehenden Angebote wirken. Aber jeder Drogentote ist
einer zu viel.”
Wie ist diese Aussage zu bewerten, wenn man bedenkt, dass in Deutschland nahezu täglich Menschen infolge
der Drogenprohibi- tion sterben?
|
Dieser Sachverhalt wird durch die wissenschaftliche Veröffentli- chung der Untersuchung „Forcierte Strafverfolgung
gegen Heroin- konsumentInnen von 1985 bis 1991 und aktuelle Relevanz” nach- gewiesen
(Website INDRO e.V.,
PDF/337 KB, Stand 2013-05-10).
Durch die Veröffentlichung dieser Untersuchung im Dezember 2012 ist für die Bundesregierung eine neue Situation
entstanden. Da sollte es zulässig sein, folgende zwei Fragen zu stellen:
|
Wurde die in Frage stehende Bundespressekonferenz um einen Monat verschoben, da man sich zunächst auf eine
gemeinsame Strategie hat einigen müssen, wie man auf diese veränderte Situation reagieren soll?
|
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Konnte kein Drogenexperte der Bundesregierung stichhaltige Argumente liefern für eine inhaltliche
Auseinandersetzung mit dieser Untersuchung?
|
19.03.2013
Pressemitteilung:
Bundesregierung berichtet falsch über Drogentote
Nun kann es nicht mehr lange dauern, bis die Bundesregierung die offizielle Drogentodeszahl des Jahres 2012
für Deutschland bekannt gibt.
Vor etwa einem Jahr wurde berichtet, dass die Anzahl der Drogen- toten in Deutschland im Jahr 2011
im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent auf 986 abgenommen habe. Dieser Rückgang sei der erfolgreichen
Drogenpolitik der Bundesregierung zu verdanken (siehe
News vom 30.08.2012).
Viele Medien haben diese Darstellung ohne kritische Anmerkungen übernommen und verbreitet.
Vor dem Hintergrund verschiedener Veröffentlichungen der letzten Zeit ist diese Darstellung jedoch
falsch. Deshalb wurde die o. g. Pressemitteilung herausgegeben (siehe
Presseinfos).
06.03.2013
Topthema im DROGENKURIER:
Drogenprohibition verursacht Tausende Todesfälle in Deutschland
In der aktuellen Ausgabe des DROGENKURIER vom Februar 2013 ist der genannte Beitrag als Topthema
veröffentlicht worden.
Dieser Beitrag fasst die Untersuchung „Forcierte Strafverfolgung gegen HeroinkonsumentInnen von 1985 bis 1991
und aktuelle Relevanz” zusammen und beinhaltet einige zusätzliche Aspekte.
Der DROGENKURIER ist das Magazin des JES-Bundesverbands e.V. (JES = Junkies, Ehemalige, Substituierte).
Der DROGENKURIER steht auch online zur Verfügung (Website JES-Bundesverband e.V.,
PDF/214 KB, Stand: 2013-03-06).
Foto & Bearbeitung: © wispor.de |
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Die ge-
nannte
Untersu-
chung ist
im De-
zember
2012 im
wissen-
schaft-
lichen
Journal
Akzep-
tanzori-
entierte
Drogen-
arbeit
des Insti-
tuts
INDRO
e.V. ver-
öffentlicht
worden
(siehe
News
vom
04.01.
2013).
|
Ergänzungen bei den News vom 26.02.2013
Der Beitrag „Einfluss der Drogensubstitution auf die Mortalität der DrogenkonsumentInnen” wurde nachträglich
durch zwei Absätze ergänzt, um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen. Es handelt sich um die Absätze 2 und 3
in Abschnitt „Fazit” (siehe Fazit).
Zudem wurde ein Link eingefügt, durch den der zitierte „Bericht zum Substitutionsregister” für das Jahr 2012
unmittelbar aufgeru- fen werden kann.
26.02.2013
Einfluss der Drogensubstitution
auf die Mortalität der DrogenkonsumentInnen
Von 2000 bis 2011 ist laut Polizeilicher Kriminalstatistik bei den Tatverdächtigenzahlen der sog.
Konsumentendelikte mit Heroin (allg. Verstöße nach § 29 BtMG) ein Rückgang um
54 Prozent und bei den Drogentodeszahlen ein Rückgang um 51,4 Prozent zu verzeichnen gewesen.
Wiederholt wurde darauf hingewiesen, dass die verminderte Morta- litätsrate auf eine reduzierte Strafverfolgung
zurückzuführen ist (siehe z. B.
News vom 30.08.2012,
Abschnitt Reduzierte Strafver- folgung). – Der weit überwiegende Anteil der Drogentodesfälle steht
in Zusammenhang mit Heroin.
Seit dem 01. Juli 2002 muss jeder Arzt, der einem opiatabhängigen Patienten Substitutionsmittel verschreibt,
das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) unterrichten. Auf Basis dieser Angaben
informiert das BfArM in einem jährlichen „Bericht zum Substitutionsregister” u. a. über die Anzahl der
gemeldeten SubstitutionspatientInnen zum jew. Stichtag 01. Juli (Abb. 1). Der aktuelle Bericht für
das Jahr 2012 wurde vor wenigen Wochen veröffentlicht (Website BfArM,
PDF/73 KB, Stand: 2013-02-26).
Abb. 1:
|
Anzahl gemeldeter SubstitutionspatientInnen in
Deutschland, 2002–2012, jew. Stichtag 01. Juli
|
Quelle: BfArM, 2013.
Von 2002 bis 2010 hat die Anzahl der SubstitutionspatientInnen kontinuierlich von 46.000 auf 77.400
zugenommen (plus 68,3 Pro- zent). Deshalb hätte man bis zum Jahr 2010 vermuten können, dass die ausgeweitete
Substitutionspraxis zu dem eingangs erwähnten Rückgang bei den Konsumentendelikten mit Heroin und bei den
Drogentodeszahlen geführt habe.
Dann ist eine Trendwende eingetreten. In den folgenden zwei Jahren bis 2012 ist die Anzahl der PatientInnen
auf 75.400 gesunken (minus 2,6 Prozent). Bemerkenswerterweise hat sich nun ausgerechnet im Jahr 2011 der
Rückgang bei den genannten Drogendelikten und bei den Drogentodesfällen rapide beschleunigt (Tab. 1).
Tab. 1:
|
SubstitutionspatientInnen, Tatverdächtige bei Konsumen- tendelikten
mit Heroin und Drogentote, 2010–2011/2012
|
Jahr |
Patienten |
Tatverdächtige |
Drogentote |
2010 |
77 400 |
|
13 687 |
|
1 237 |
|
2011 |
76 200 |
– 1,6 % |
11 028 |
– 19,4 % |
986 |
– 20,3 % |
2012 |
75 400 |
– 1,0 % |
|
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|
Quelle der Daten: BfArM, 2013; BKA, 2011, 2012, PKS 2010, 2011.
Die Anzahl der erfassten Fälle bei den Konsumentendelikten mit Heroin hat im Jahr 2011 im Vergleich
zum Vorjahr sogar um 25,1 Prozent abgenommen (siehe
News vom 17.12.2012).
Ein derart starker Rückgang in nur einem Jahr kann nur auf eine reduzierte Strafverfolgung zurückzuführen sein.
Offenbar hat also im Jahr 2011 die reduzierte Strafverfolgung der HeroinkonsumentInnen die Mortalitätsrate
entsprechend sinken lassen. Impulse aus dem Bereich der Substitution kommen jedenfalls als Ursache nicht
in Betracht, da ja in diesem Jahr die Anzahl der SubstitutionspatientInnen rückläufig gewesen ist (siehe oben).
Dies ist das entscheidende Ergebnis dieses Datenvergleichs. Dieser Zusammenhang lässt darauf schließen, dass
auch im vorherigen Zeitraum nicht die vermehrt praktizierte Substitution, sondern primär die Abnahme bei
den ermittelten Tatverdächtigen die Verringerung der Mortalitätsrate verursacht hat.
Es stellt sich lediglich noch die Detailfrage, ob die Zunahme bei den SubstitutionspatientInnen dazu
geführt haben kann, dass weniger Tatverdächtige bei den Konsumentendelikten ermittelt worden sind, sodass
sich die erstgenannte Entwicklung auf diese Weise zumindest indirekt auf die verminderte Mortalitätsrate
ausgewirkt hat. Um diese Frage soll es im folgenden Abschnitt gehen.
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|
Anzahl der SubstitutionspatientInnen in Relation zur Gesamtzahl der
HeroinkonsumentInnen
Bis zum Rauschgiftjahresbericht 2002 hat das Bundeskriminalamt (BKA) regelmäßig über Schätzergebnisse
zur Anzahl der Opiatab- hängigen informiert. – Das BKA verwendet die Begriffe Heroin und Opiate häufig
synonym. – In seinem Jahresbericht 2002 hat das BKA erstmals die entsprechende Tabelle vom Vorjahr unverändert
übernommen (hier Tab. 2).
Tab. 2:
|
Schätzergebnisse zu den Opiatabhängigen,
auf Basis von Daten aus dem Jahr 2000
|
Methode |
Schätzergebnisse |
|
Polizei |
150 000 – 190 000 |
|
Mortalität |
170 000 |
|
Behandlung |
175 000 – 210 000 |
|
Quelle: BKA, 2003, Rauschgiftjehresbericht 2002, S. 67, aus: DBDD, Jahrbuch 2001
(umgestaltet).
Basierend auf Polizeidaten des Jahres 2002, geht ein weiterent- wickeltes BKA-Schätzverfahren von 188.000
HeroinkonsumentIn- nen aus. Dies berichtet das BKA ergänzend im Kontext der hier abgebildeten Tabelle 2 (S. 67).
Durchschnittlich ergibt sich eine Anzahl von etwa 180.000 Heroin- konsumentInnen zu Anfang des Jahrzehnts.
Wenn im Folgenden von etwa 150.000 KonsumentInnen ausgegangen wird, liegt dies am unteren Ende des hier
vorliegenden Datenmaterials und ist somit sehr zurückhaltend kalkuliert.
Die zunehmende Anzahl der SubstitutionspatientInnen bis zum Jahr 2010 lässt es als sehr unwahrscheinlich
erscheinen, dass die Gesamtzahl der HeroinkonsumentInnen in diesem Zeitraum wesentlich abgenommen hat. Es
ist also angebracht, von etwa 150.000 KonsumentInnen seit 2000 bis zumindest 2010 auszu- gehen.
Somit steht zwar nur ein grober Annäherungswert zur Verfügung. Dennoch lässt sich auf dieser Basis im Rahmen
einer Modell- rechnung auf wesentliche Zusammenhänge aufmerksam machen.
Jahr für Jahr lässt sich nun, basierend auf der angenommenen Gesamtzahl der HeroinkonsumentInnen in Höhe von
150.000 und auf der Anzahl der SubstitutionspatientInnen, die Anzahl der Nicht-Substituierten berechnen und
mit der Zahl der Tatverdächtigen bei den Konsumentendelikten mit Heroin ins Verhältnis setzen (Tab. 3).
Tab. 3:
|
Nicht-Substituierte
und Tatverdächtige bei Konsumenten- delikten mit Heroin, 2002–2011
(bei 150.000 Heroinkonsumenten)
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Jahr |
Nicht-Substituierte |
Tatverdächtige |
TV / Nicht-Substit. |
2002 |
104 000 |
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22 058 |
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21,2 % |
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2003 |
97 300 |
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19 581 |
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20,1 % |
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2004 |
92 300 |
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18 563 |
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20,1 % |
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2005 |
89 000 |
|
17 820 |
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20,0 % |
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2006 |
85 500 |
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16 934 |
|
19,8 % |
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2007 |
81 200 |
|
16 594 |
|
20,4 % |
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2008 |
77 800 |
|
16 267 |
|
20,9 % |
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2009 |
75 400 |
|
15 322 |
|
20,3 % |
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2010 |
72 600 |
|
13 687 |
|
18,9 % |
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2011 |
73 800 |
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11 028 |
|
14,9 % |
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Quelle: eigene Entwicklung, Datenbasis: BfArM, 2013; BKA, 2003–2012,
PKS 2002–2011.
Zunächst ist festzustellen: Obwohl die Anzahl der Substitutions- patientInnen seit dem Jahr 2002 deutlich
zugenommen hat, werden auch nicht annähernd alle in Frage kommenden Heroinkonsu- mentInnen erreicht, sondern
bestenfalls geringfügig mehr als die Hälfte. Von einer lückenlosen Substitution kann also nicht die Rede sein.
Vor diesem Hintergrund ist bemerkenswert, mit welcher Konstanz sich das Verhältnis der Tatverdächtigen zu den
Nicht-Substituierten von 2002 bis 2010 darstellt. Für dieses Phänomen kommen zwei mögliche Erklärungen
in Betracht.
Erklärung 1
Es könnten weniger Tatverdächtige ermittelt worden sein, da infolge der zunehmenden Substituierung weniger
Opiatabhängige strafrechtlich relevante Drogendelikte begangen haben.
Hierbei handelt es sich also um die zu überprüfende Detailfrage (s. oben). Liegt tatsächlich eine
unvermeidliche Kausalität vor?
Zwei Argumente sprechen gegen diese erste Erklärung: Bei einem unveränderten Strafverfolgungsdruck
hätten in Relation zur weiter- hin großen Anzahl Nicht-Substituierter zunehmend mehr Tatver- dächtige
ermittelt werden müssen. Schließlich verhält es sich ja nicht so, dass die Gruppe der Nicht-Substituierten
gegen Null tendiert.
SubstitutionspatientInnen praktizieren häufig Beikonsum. Auch dies spricht dafür, dass bei einer unveränderten
Intensität der Strafverfolgung die Anzahl der Tatverdächtigen in Relation zu den Nicht-Substituierten spürbar
hätte ansteigen müssen.
Gerade die Konstanz des fraglichen Verhältnisses spricht also gegen diese erste mögliche Erklärung.
Erklärung 2
Man könnte die Strafverfolgung gegen HeroinkonsumentInnen ent- sprechend der geänderten Verhältnisse
systematisch reduziert haben.
Offenbar ist dies die bei Weitem wahrscheinlichere Möglichkeit. Immerhin wäre dies dann auch eine Reaktion
auf die zunehmende Substituierung der Opiatabhängigen gewesen.
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Offenbar ist seit dem Jahr 2002 die Strafverfolgung gegen Heroin- konsumentInnen reduziert worden. Dies
entspricht der These, die in den auf dieser Website veröffentlichten Beiträgen seit langem vertreten
wird (s. Einleitung).
Diese These stünde auch nicht in Frage, wenn die Strafverfolgung nur mittels Ausweitung der
Substitution reduziert worden wäre.
Im zweiten Teil dieses Beitrags geht es lediglich um die Detail- frage, ob die Tatverdächtigenzahlen
bei unverminderter Intensität der Strafverfolgung unweigerlich in dem festgestellten Ausmaß sinken
mussten oder ob der Strafverfolgungsdruck reduziert worden ist. Letzteres wird für die Zeitspanne
2010 bis 2011 durch die Daten von Tabelle 1 eindeutig belegt.
Selbstverständlich hat die Ausweitung der Substitutionspraxis weniger Drogenkriminalität und weniger
Beschaffungskriminalität zur Folge. Zudem leistet diese Ausweitung einen wesentlichen Beitrag zur
psychosozialen Stabilisierung der PatientInnen. Jahre- lang falsch eingeschätzt wurde jedoch der Einfluss
der Substitution auf die Verringerung der Mortalitätsrate.
Auch wenn ein Effekt der Substitution auf die reduzierte Straf- verfolgung und damit ein indirekter Effekt
auf die sinkende Mortali- tätsrate anzunehmen ist, so ist dieser Effekt eben doch nur indirekt. Als
wesentliche Ursache für die verringerte Mortalitätsrate ist auch nach der hier vorgenommenen Analyse die
reduzierte Strafverfolgung anzusehen.
Für diese These sprechen eine Reihe schwerwiegender Argumente. Um unnötige Wiederholungen zu vermeiden,
sei auf den Schluss der News vom 17.12.2012 verwiesen (siehe Abschnitt
Das Dilemma der Mitverantwortlichen).
04.01.2013
Veröffentlichung im wissenschaftlichen
Journal Akzeptanzorientierte Drogenarbeit
Im Mai 2012 wurde der Beitrag „Forcierte Strafverfolgung – sprung- hafter Anstieg der
Drogentodeszahlen” dem wissenschaftlichen Journal Akzeptanzorientierte Drogenarbeit des
Instituts INDRO e.V., vorgelegt, zunächst aber auf dieser Website veröffentlicht
(siehe Literatur).
Am 15. September wurde eine deutlich überarbeitete Fassung dieses Aufsatzes bei dem genannten Journal
eingereicht. Diese Fassung enthält eine Reihe zusätzlicher Aspekte, welche für ein tieferes
Verständnis der analysierten Zusammenhänge hilfreich sein können.
Nach einer Prüfung durch vier Gutachter wurde dieser Beitrag am 26. Dezember 2012 unter dem Titel:
Forcierte Strafverfolgung gegen DrogenkonsumentInnen von 1985 bis 1991 und aktuelle Relevanz
publiziert (siehe www.indro-online.de,
Pfad: deutsch / Online-Journal / Freier Zugang zu allen Beiträgen
und Jahrgängen).
Diese Untersuchung enthält wesentliche Inhalte der auf dieser Website vorgelegten Studie „Falsche Angaben zu
Drogentodes- fällen” (siehe Literatur).
Die Plausibilität dieser Inhalte wurde somit durch diese wissenschaftliche Veröffentlichung bestätigt.
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Der direkte Link zum Beitrag lautet:
https://www.indro-online.de/dat/Scheimann2012.pdf
(Website INDRO e.V., 337 KB, Stand 2013-01-04).
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