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26.11.2015
Neuer Beitrag „Paradoxe Annahmen zur Drogenszene in den 1980er-Jahren”

In den News vom 11.09.2015 wird folgende Mitteilung von Dirk Schäffer aus der diesjährigen Juli-Ausgabe des DROGENKURIER (Magazin des JES-Bundesverbands, Nr. 102) thematisiert:

„Gegen Ende der 1980er-Jahre nahm die Zahl der Drogenabhän- gigen stark zu. Ab 1987 bildeten sich in verschiedenen Städten offene Drogenszenen” (S. 22).

Hier bringt der Autor in wenigen Worten auf den Punkt, wie im Allgemeinen über diese Entwicklung berichtet wird. So gab diese Aussage den Anstoß dazu, in den o. g. News aufzuzeigen, dass diese Darstellung der tatsächlichen Entwicklung nicht entspricht.

In dem hier gegebenen Rahmen konnte lediglich eine kurze und (hoffentlich) allgemein verständliche Einführung in die Thematik „Drogenmortalität und deren unzureichende Erforschung” gegeben werden.

Um eine solche Einführung leichter zugänglich zu machen, wurde auf Basis der fraglichen News der Beitrag „Paradoxe Annahmen zur Drogenszene in den 1980er-Jahren” verfasst und auf dieser Website publiziert (siehe Literatur).

Foto & Bearbeitung: © dt-aufklaerung.de

11.09.2015, Update: 26.11.2015
Ein Beitrag zur Legendenbildung auch im DROGENKURIER

Im DROGENKURIER, Magazin des JES-Bundesverbands, wird im Beitrag „So könnte es auch bei uns sein” über „Die heroingestützte Behandlung in der Schweiz” berichtet (siehe Nr. 102; JES = Junkies, Ehemalige, Substituierte). Dort heißt es:

„Gegen Ende der 1980er-Jahre nahm die Zahl der Drogenabhän- gigen stark zu. Ab 1987 bildeten sich in verschiedenen Städten offene Drogenszenen” (S. 22).

Hier handelt es sich nicht um eine empirisch abgesicherte Darstellung. Um zu zeigen, auf welch fragwürdigen Grundlagen solche Aussagen basieren, soll im Folgenden ein kurzer Überblick über die zugrundeliegende Argumentation und deren Hintergründe gegeben werden.

Empirisch abgesicherte Erkenntnis oder Legende

Auf zweifache Weise bestimmte gegen Ende der 1980er-Jahren die zunehmende Ausbreitung von HIV die Lebensbedingungen der Heroinkonsumierenden. Wegen der Übertragungswege von HIV war nun einerseits der i.-V.-Konsum von Heroin mit einer zusätzlichen Lebensgefährdung verbunden. Andererseits wurde die ohnehin ungeliebte Gruppe der Opiat-Abhängigen für die Ausbreitung von HIV mitverantwortlich gemacht.

Trotz dieser erschwerten Bedingungen für Heroinkonsumierende wurde allgemein angenommen, dass deren Anzahl gerade in dieser Zeit dramatisch zugenommen habe. Eine derart paradoxe Annahme lässt sich aus heutiger Sicht nur mit der damals medial angeheizten „AIDS-Hysterie” erklären.

Das medial gezeichnete Bild einer Ausweitung des Heroinkonsums gegen Ende der 1980er-Jahre setzte sich sogar in der Suchtfor- schung durch. Vor allem mit diesem Aspekt begründete man hier die Zunahme der Drogentodeszahlen (von 1985 bis 1991 auf das 6,6-Fache in Deutschland).

Foto & Bearbeitung: © dt-aufklaerung.de
Was verleitete zu der Annahme, dass sich die Anzahl der Heroin- konsumierenden drastisch erhöht haben müsste? Hier sind vor allem folgende drei Faktoren zu nennen:

1. Anstieg der Fallzahlen bei polizeilich ermittelten Delikten mit Heroin und sog. Erstkonsumenten

Bei der Interpretation dieser Daten blieb jedoch unberücksichtigt, dass im Jahr 1984 der erste HIV-Antikörpertest präsentiert worden ist (siehe BZgA). In der Folgezeit wurden solche Tests allgemein verfügbar. Ab 1985 begann der genannte Anstieg der Fallzahlen. Die strafrechtliche Verfolgung der Heroinabhängigen könnte folglich ab 1985 verstärkt worden sein, um diese möglichst lückenlos zu registrieren und zu einem HIV-Test zu veranlassen. Der fragliche Fallzahlenanstieg ließe sich also auch mit einer derart forcierten Strafverfolgung erklären.

Wenn verschiedene Ursachen für den Anstieg von Fallzahlen in Betracht gezogen werden müssen, dann stellt sich in der Wissen- schaft die Aufgabe, die tatsächliche Ursache mittels empirischer Untersuchungen zu ermitteln. Dies ist jedoch nicht geschehen.

2. Zunahme der Fallzahlen bei Heroinkonsumierenden in Beratung, Therapie oder Substitutionsbehandlung

Wird eine Beratungs- oder Therapieform neu eingeführt oder aus- geweitet, steigt logischerweise das Fallaufkommen bei statistisch erfassten Patienten und Klienten zunächst an. Von einer solchen Entwicklung Rückschlüsse auf Veränderungen bei der Gesamtheit der Heroinkonsumierenden zu ziehen, ist unzulässig.

Man sollte annehmen, dass eine derartige Argumentation einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhalten kann. Dennoch wurden entsprechende Beiträge in wissenschaftlichen Periodika publiziert (z. B. von C. Nordt und R. Stohler zu den Verhältnissen in der Schweiz).

3. Anwachsen offener Drogenszenen in mehreren Städten

Dass die Entwicklung der offenen Drogenszenen nicht mit derjeni- gen bei der Gesamtheit der Heroinkonsumierenden gleichzusetzen ist, zeigt u. a. folgender Wikipedia-Eintrag zur Heroinszene in Zürich:

„Gegen Ende der 1980er-Jahre wurde der Platzspitz zum Treffpunkt der Drogensüchtigen, die zuvor von anderen Plätzen vertrieben worden waren ... Süchtige aus der ganzen Schweiz und aus dem Ausland trafen sich in Zürich ...” (siehe Platzspitz, Abschnitt „Needle Park”).

Die offenen Drogenszenen können somit das Ergebnis einer Wanderungsbewegung gewesen sein. Diese könnte durch eine europaweit forcierte Strafverfolgung der Drogendelinquenz – als Reaktion auf die seinerzeit neu in Erscheinung getretene Ausbrei- tung von HIV – ausgelöst worden sein.

Fazit: Es ist keine Untersuchung bekannt, die mit adäquaten Methoden empirisch belegt, dass der Heroinkonsum gegen Ende der 1980er-Jahre tatsächlich zugenommen hat. Solche Aussagen basieren auf wissenschaftlich nicht haltbaren falschen Annahmen.

Dagegen wird in meinen Beiträgen empirisch nachgewiesen, dass sich die Anzahl der Heroinkonsumierenden im fraglichen Zeitraum nicht nennenswert erhöht haben kann (siehe Literatur, siehe vor allem https://www.indro-online.de/dat/Scheimann2012.pdf). Ge- genteilige Darstellungen sind folglich zurückzuweisen.

Nur eine verstärkte strafrechtliche Verfolgung der Heroinkonsu- mierenden kann also den o. g. Fallzahlenanstieg bei den polizeilich ermittelten Heroindelikten und den Erstkonsumenten zur Folge gehabt haben. Somit fällt auch das wichtigste Argument weg, um den Anstieg der Drogentodeszahlen (auf das 6,6-Fache in Deutsch- land) zu erklären. Dieser Anstieg kann im Wesentlichen nur auf die forcierte Strafverfolgung zurückzuführen sein.

Foto & Bearbeitung: © dt-aufklaerung.de
Öffentlich sichtbare Verelendung

Fortsetzung der eingangs zitierte Darstellung im DROGENKURIER: „Mit ihnen [den offenen Drogenszenen] wurde auch die Verelen- dung sichtbar. Verschärft wurde die Situation durch die Ausbreitung von HIV/Aids. Die Bevölkerung war schockiert, und eine breite Mehrheit sah damals in der Drogenproblematik eines der größten Probleme der Schweiz” (S. 22).

Die sich in den offenen Drogenszenen zeigende Verelendung kann ebenfalls nur eine Folge der forcierten Strafverfolgung gewesen sein.

Es ist davon auszugehen, dass Hunderte Personen in Ministerien, Staatsanwaltschaften und Kriminalämtern an der Organisation und Umsetzung der Strafverfolgungsverschärfung beteiligt waren und dass viele Personen Kenntnis von den tatsächlichen Kausalzusam- menhängen hatten. Dennoch fuhr man die Strafverfolgung nicht zurück, sondern verstärkte sie in den folgenden Jahren kontinu- ierlich.

Auch Teile der Medien nahmen das öffentliche Elend zum Anlass, ein härteres Durchgreifen der Strafverfolgungsbehörden zu fordern.

In der Suchtforschung wurde versäumt, die tatsächlichen Kausal- zusammenhänge empirisch zu erforschen. Stattdessen beteiligte man sich – ob bewusst oder unbewusst – an deren Verschleierung. Teilweise setzte man sich zwar für eine Drogenpolitik der Schadensbegrenzung ein. Währenddessen kosteten aber die durch den erhöhten Strafverfolgungsdruck ausgelösten zusätzlichen Be- lastungen offenbar allein in Deutschland Zehntausende Menschen das Leben.

Indem der DROGENKURIER die Legende von der Ausweitung des Heroinkonsums (gegen Ende der-1980er Jahre) fortschreibt, leistet er einen Beitrag zur Stabilisierung der Drogenprohibition. Somit ist zu fragen, ob hieraus nicht auch eine indirekte Mitverantwortung am Tod vieler Drogenabhängigen resultieren könnte.

Wer soll sich für das Überleben der Drogenabhängigen einsetzen, wenn nicht der JES- Bundesverband?


22.05.2015
Neuer Beitrag: „Hohe Drogenmortalität infolge historischer Weichenstellungen in der Drogenpolitik?”

Der neue Beitrag wurde gemäß den „Richtlinien zur Manuskript- gestaltung” der Deutschen Gesellschaft für Psychologie verfasst. Warum dieser Hinweis? Die Erklärung findet sich in den News vom 31.12.2014. Um einige der formalen Anforderungen erfüllen zu können, habe ich längere Zeit diverse Literatur zur Statistik studiert.

Wesentliche Ergebnisse der Untersuchung: Während von 1985 bis 1991 die Drogentodeszahlen auf das 6,6-Fache angestiegen sind, hat die Anzahl der Heroinkonsumierenden, auf die der weit über- wiegende Anteil der Drogentodesfälle entfällt, nicht nennenswert zugenommen. Stattdessen wurde die strafrechtliche Verfolgung dieses Personenkreises – als Reaktion auf die damals neu in Erscheinung getretene Ausbreitung von HIV-Infektionen – massiv forciert. Dies lässt auf einen nach wie vor wirksamen Kausalzu- sammenhang zwischen Strafverfolgungsdruck und erhöhter Drogen- mortalität schließen.

Im aktuellen Beitrag werden zahlreiche Aspekte behandelt, die in meinen vorherigen Publikationen noch nicht berücksichtigt worden sind. Einige dieser Aspekte sind nachfolgend zusammengefasst:

Obwohl bei den analysierten Polizeidaten von 1985 bis 1991 keine Repräsentativität für die Grundgesamtheit der Heroin- konsumierenden vorliegt, sind mögliche Beeinträchtigungen der Datenqualität zu vernachlässigen.
Von 1985 bis 1991 wurden nicht nur mehr Drogentodesfälle verbucht, da der Polizei infolge ihrer zunehmenden Ermittlungs- tätigkeit mehr Konsumenten bekannt geworden sind. Es sind tatsächlich mehr Menschen gestorben.
Offene Drogenszenen (bspw. in Amsterdam, Zürich oder Frankfurt), über die Ende der 1980er-Jahre häufig in den Medien berichtet worden ist, sprechen nur vordergründig für eine Zunahme der Heroinkonsumentenzahl und damit gegen eine forcierte Strafverfolgung der Drogendelinquenz. Vielmehr kön- nen die offenen Drogenszenen gerade eine Folge der verstärk- ten Strafverfolgung gewesen sein.
Die im fraglichen Zeitraum bei älteren Drogenkonsumenten überproportional angestiegene Mortalität lässt sich nur als ein Resultat der durch den forcierten Strafverfolgungsdruck ausge- lösten zusätzlichen Belastungen erklären.
Mitteilungen eines Kriminalamtes bestätigen, dass die straf- rechtliche Verfolgung der Drogenkonsumierenden Ende der 1980er-Jahre systematisch verstärkt worden ist.

Foto & Bearbeitung: © dt-aufklaerung.de
Keine geeignete Publikationsmöglichkeit

Infolge der genannten Ergebnisse gibt es für den aktuellen Beitrag kaum eine geeignete Publikationsmöglichkeit. Für eine Veröffent- lichung kämen folgende Alternativen in Betracht:

1. Wissenschaftliches Journal Akzeptanzorientierte Drogenarbeit

In diesem Fall würde der neue Beitrag wohl von Suchtforschern und Drogenpolitikern wieder ignoriert werden. Schließlich sind in diesem wissenschaftlichen Journal bereits zwei meiner Untersuchungen publiziert worden, die weder von Wissenschaftlern noch von Drogenpolitikern offen diskutiert worden sind (Website von INDRO e.V., PDF/337 KB und PDF/767 KB, Stand: 2015-05-22). Anderer- seits wurde die Plausibilität meiner Argumentation nicht widerlegt.

2. Andere Sucht-Fachzeitschriften

Hier wäre nach monate- oder gar jahrelanger Prüfung mit einer Ablehnung zu rechnen, denn eine Annahme implizierte das Eingeständnis, für den Tod Zehntausender Menschen indirekt mitverantwortlich zu sein, da man es versäumt hat, die von mir vorgenommenen Untersuchungen beizeiten selbst durchzuführen (siehe auch News vom 31.12.2014).

3. Fachzeitschriften anderer Wissenschaftsgebiete

In Frage kämen vor allem Fachzeitschriften für Strafrecht und Kriminalpolitik. Nach Fertigstellung meines zweiten im Journal Akzeptanzorientierte Drogenarbeit veröffentlichten Beitrags habe ich mich bereits mit einigen Fragen an mehr als 100 Strafrechtler gewandt und ihnen den entsprechenden Link zugesandt. Es gab kaum eine Resonanz. Dies könnte an fachlichen Überschneidun- gen in den Bereichen Sucht- und Kriminalforschung liegen (siehe Argumentation zur Alternative 2).

Bei Zeitschriften anderer Fachrichtungen könnte man eine Ableh- nung mit mangelnden Vorkenntnissen im Bereich Suchtforschung begründen.

4. Diese Website www.dt-aufklaerung.de

Gerade hier wäre mit einer Nichtbeachtung vonseiten der Sucht- forscher und Drogenpolitiker zu rechnen, da nicht vorausgesetzt werden könnte, dass Argumentation, Quellenangaben und Berech- nungen unabhängig überprüft worden sind. Da Fachzeitschriften in der Regel nur Originalarbeiten annehmen, wäre an diesem Ort eine anschließende Publikation kaum mehr möglich.

Foto & Bearbeitung: © dt-aufklaerung.de
Funktion des Schildower Kreises

Es wäre anzunehmen, dass man sich mit dem neuen Beitrag und der geschilderten Publikationsproblematik an den Schildower Kreis wenden könnte (siehe
http://www.schildower-kreis.de). Hierbei handelt es sich um ein „Netzwerk von Experten aus Wissenschaft und Praxis”, das „auf die schädlichen Folgen der Drogenprohibition aufmerksam machen” will und sich für eine Überprüfung des Betäubungsmittelgesetzes einsetzt. Hierzu einige Hintergrundinfor- mationen:

Im Herbst 2005 habe ich dem damals bereits emeritierten und zuvor langjährigen Leiter des Bremer Instituts für Drogenforschung mein schon zu dieser Zeit recht umfangreiches Recherchematerial zur tödlichen Wirkung der Drogenprohibition übergeben. Obwohl er die Schlüssigkeit meiner Analyse in wesentlichen Punkten aner- kannte, unterstützte er eine Aufklärung in dieser Angelegenheit nicht. Danach gründete er mit Kolleginnen und Kollegen den Schildower Kreis.

Ziel dieses Kreises ist es nun sicher nicht, eine Aufklärung über die von mir untersuchten Zusammenhänge nachträglich doch noch zu fördern, sondern eher, diese möglichst zu verhindern, um nicht für Versäumnisse in der Suchtforschung verantwortlich gemacht zu werden, die bis dato offenbar Zehntausende Menschen das Leben gekostet haben.

So arbeitet das fragliche Netzwerk zwar auf eine Beendigung der Drogenprohibition hin (zunächst nur bei Cannabis), aber ohne meine Argumente anzuführen, die am ehesten zum Ziel führen würden. Überspitzt formuliert: Offensichtlich kämpft man nicht für das Überleben der Drogenabhängigen (von Heroin), sondern für den Erhalt der eigenen Reputation.

Der Schildower Kreis erfüllt eine wichtige gesellschaftliche Funktion. Er kanalisiert die soziale Bewegung, die sich für eine Beendigung der Drogenprohibition einsetzt, und definiert eine „gesellschaftlich akzeptable” Argumentation. Dadurch stabilisiert dieser Kreis den Status Quo und verhindert, dass Drogenpolitiker für die überhöhte Drogenmortalität verantwortlich gemacht werden, was entsprechende gesellschaftliche Auswirkungen nach sich ziehen müsste.

Die Verhältnisse sind grotesk: Der gesellschaftliche Umgang mit Drogenabhängigen – insbesondere ihre Behandlung als Kriminelle statt als Kranke – kostet in diesem Rechtsstaat offenbar Tausende Menschen das Leben. Dennoch scheint es unmöglich zu sein, diesen Sachverhalt zum Gegenstad eines wissenschaftlichen Diskurses zu machen und diese Situation zu beenden.


16.03.2015
Presseinformation:
Fragen zur Berichterstattung über Drogentote

Im März oder April wird in der Regel auf einer Bundespresse- konferenz die amtliche Drogentodeszahl des Vorjahres bekannt gegeben. Angesichts der Auswirkungen der Drogenpolitik wäre es angebracht, wenn bei dieser Gelegenheit folgende Fragen gestellt würden:

Wurde als Reaktion auf die zunehmende Ausbreitung von HIV die Strafverfolgung der Drogendelinquenz von 1985 bis 1991 massiv forciert und ist vor allem auf diese Maßnahme der zeitgleiche Anstieg der Drogentodeszahlen auf das 6,6-Fache zurückzuführen (von 324 auf 2.125)?
Machen die Kriminalämter in ihrer Berichterstattung über Dro- gentodesfälle Angaben zu folgender Kategorie: [Zum Todes- zeitpunkt] als Erstauffälliger Konsument harter Drogen [im INPOL] erfasst und ist ein solcher Eintrag im INPOL (Informa- tionssystem der Polizei) zeitlich befristet?
Führt die Verwendung der genannten Kategorie dazu, dass mehr als die Hälfte der verstorbenen Drogenkonsumenten, die der Polizei bekannt gewesen sind, als scheinbar polizeiunbe- kannt eingeordnet wird?
Kann das Betäubungsmittelgesetz verfassungsgemäß sein, wenn dessen Anwendung seit den 1980er-Jahren offenbar Zehntausende Menschen das Leben gekostet hat?

Die genannten Fragen wurden den Medien per Presseinformation zugesandt. Der vollständige Text mit einigen zusätzlichen Hinwei- sen ist auch hier zum Download bereitgestellt (siehe Presseinfos).

Foto & Bearbeitung: © dt-aufklaerung.de

26.01.2015
Falsches Gutachten als Basis der Drogenpolitik

Googled man das Stichwort Drogentodesfälle, wird unter Ereignisse (Treffer) eine Anzahl von etwa 35.000 angezeigt. Seit eineinhalb Wochen ist mein auf dieser Website publizierter Beitrag „Unzurei- chende Untersuchung der Hamburger Drogentodesfälle” unter den ersten zehn Treffern platziert, teilw. zudem dessen Kurzfassung (siehe PNG/164 KB, Screenshot www.google.de vom 21.01.2015, u. Literatur).

Bei diesem Aufsatz handelt es sich um eine frühe Fassung des im wissenschaftlichen Journal Akzeptanzorientierte Drogenarbeit publi- zierten Beitrags „Falsche Daten und falsche Annahmen zu Drogen- todesfällen in Deutschland” (2013). In den News vom 10.10.2014 wurde berichtet, dass Google offensichtlich den letztgenannten Beitrag aus seinem Ranking entfernt hat.

Nachdem Google auf zwei Einschreiben in dieser Sache nicht rea- giert hatte, wurde am 24.09.2014 ein drittes Schreiben persönlich bei Google in Hamburg abgegeben. Die Dame beim Empfang, die als einzige zu sprechen war, konnte sich nicht vorstellen, dass Google in meinem Fall eine Zensur ausgeübt haben könnte. In derartigen Situationen seien meistens die Seite oder der Beitrag nicht mehr erreichbar. Der entsprechende Link war jedoch durchge- hend funktionstüchtig und führte zu meinem Artikel (Website INDRO e.V., PDF/767 KB, Stand: 2015-01-25).

Zudem erklärte die Dame in Hamburg, dass Google dem Betreiber einer Website eine Gelegenheit zur Stellungnahme erteile, falls doch einmal ein Treffer aus dem Ranking genommen würde. Dies ist hier nicht geschehen, was auf besondere (Hinter-)Gründe hindeutet.

Foto & Bearbeitung: © dt-aufklaerung.de
In meinen Beiträgen (frühe Fassungen wie Artikel im wissenschaft- lichen Journal) wird die Studie „Drogennot- und -todesfälle” von Heckmann et al. aus dem Jahr 1993 analysiert. Die Bundesregie- rung hat diese Studie in Auftrag gegeben, nachdem die Drogento- deszahlen von 1985 bis 1991 auf das 6,6-Fache angestiegen waren. Die seinerzeitige Drogensituation sollte begutachtet werden, offenbar um die weitere Drogenpolitik auf dieser Grundlage zu gestalten.

Zum Inhalt meiner Beiträge sollen hier nur einige kurze Angaben gemacht werden:

Heckmann et al. haben als wesentlichen Grund für die gestiegenen Drogentodeszahlen eine zunehmende Anzahl von Konsumenten harter Drogen angegeben, ohne diesen Zusam- menhang mit empirischen Methoden untersucht zu haben.
Sie haben mehrere eindeutige Hinweise ignoriert, die gegen eine solche Interpretation sprachen.
Fälschlicherweise haben sie nicht diagnostiziert, dass eine forcierte Strafverfolgung der Drogendelinquenz – als Reaktion auf die damalige Ausbreitung von HIV-Infektionen – die Ursa- che für die höheren Fallzahlen bei den polizeilich ermittelten Konsumenten und den Drogentodesfällen war.
Beispielhaft für die bundesweite Entwicklung haben Heckmann et al. jährliche Mortalitätsraten für Hamburg berechnet, ohne die Quelle der zugrundeliegenden Daten anzugeben und ohne zu erklären, wer diese Daten mit welchen Verfahren und nach welchen Kriterien erhoben hat.
Sie haben nicht thematisiert (oder bemerkt), dass das Landes- kriminalamt Hamburg falsche (d. h. unterschiedliche) Angaben zu den sog. Erstkonsumenten harter Drogen gemacht hat.
Offenbar (bzw. möglicherweise) haben sie nicht erkannt, dass die Kriminalämter weitere Verfahren angewandt haben, mit denen die tödliche Wirkung der Drogenprohibition verschleiert worden ist.

Die fehlerhafte Studie von Heckmann et al., die einer Überprüfung nach wissenschaftlichen Kriterien nicht standhalten kann, hat maß- geblich dazu beigetragen, dass nicht gegen die forcierte Strafver- folgung interveniert worden ist. Die Drogenpolitik der letzten Jahr- zehnte basiert wesentlich auf dieser Studie. So wurde die polizei- liche und strafrechtliche Verfolgung der Drogenkonsumentinnen und -konsumenten auf hohem Niveau fortgeführt und kostete bis dato offenbar mehrere Zehntausend Menschen das Leben.

Die eingangs angeführte aktuelle Google-Präsenz meines Aufsatzes „Unzureichende Untersuchung der Hamburger Drogentodesfälle” ist wohl als Ausdruck eines verbreiteten Interesses zu werten, über diese Zusammenhänge informiert zu werden. Allerdings könnte es nur eine Frage der Zeit sein, bis auch hier eine Zensur ausgeübt wird.

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Bilder zu Helmut Scheimann

Bereits seit Jahren ist bei Google die Seite „Bilder zu Helmut Scheimann” gelistet. Um etwaigen Irritationen entgegenzuwirken, wird darauf hingewiesen, dass keine der dort abgebildeten Perso- nen hier bekannt ist, abgesehen von Fotos einer Podiumsdiskus- sion, veranstalteten vom unabhängigen Fachschaftsforum der Uni Münster, und eines prominenten Rennfahrers.

Nachtrag (27.01.2015)

Seit gestern ist auf der genannten Google-Seite nun doch ein Foto von mir abgebildet, das auch hier unter Kontakt & Impressum zu finden ist.





















©
Helmut Scheimann
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